Ihr merkt es wahrscheinlich schon am Titel – ich bin gerade nicht gut drauf. Ehrlich gesagt bin ich ziemlich genervt. Gerade saß ich in vertrauter Muttirunde, alle bereits Mütter mehrerer Kinder. Und ach ja, es ist herrlich beeindruckend zu sehen wie die Erinnerung im Laufe der Jahre verblasst und schwindet…

Erinnerungen daran, wie abrupt laue Sommerabende zu Ende waren, weil die frisch gebackenen Mamas plötzlich aufstanden, um ihre jeweils Erstgeborenen ins Bett zu bringen, sich zu ihnen ins Bett legten und nie wieder kamen. Wegen der Bindung und so, ihr wisst Bescheid.

Wenn alle Gäste die angeregte Unterhaltungen plötzlich beenden mussten, damit das Kind in Ruhe gestillt werden kann. Weil es ja stillen heißt. Und von Stille kommt, ihr wisst Bescheid.

Die vielen Male, die ich schon mal ein Zimmer verlassen musste, damit das Kind konzentriert und ohne Ablenkung seinen Brei essen kann.
Die unglaubliche Kraft die ich brauchte, um mein sabberndes, haarendes, gefährliches Monster davon abzubringen, ihre Erstgeborenen nicht mit einem Haps aufzufressen.
Die vielen geplatzten Verabredungen, weil man nervlich nicht in der Lage war, gleichzeitig Auto zu fahren und das verzweifelte Weinen vom Rücksitz zu hören.
Die Diskussionen darüber, wie viel Milligramm Natrium pro Liter im Wasser enthalten sein darf, ob pucken gesundheitgefährdend ist oder nicht und welche Babytrage ergonomisch gesehen am sinnvollsten ist.

All die Sorgen, Gedanken und Fragen, die man so hat, wenn man zum ersten Mal Mutter wird – verpufft. Die Schwierigkeiten mit dem Stillen, die Suche nach den perfekten Windeln, die vielen Ehestreits weil die Nerven blank lagen – Schnee von gestern.

Ich war damals kinderlos – und somit gleich für jeglichen Beitrag zur Unterhaltung unqualifiziert. Also versuchte ich Verständnis zu zeigen, während ich das Früchtearrangement auf meinem Glas vorsichtig auseinander zupfte um amüsiert meinen Cocktail zu schlürfen.

Eine Geburt und vielen Erstmamasorgen später dachte ich, endlich dazu zu gehören. Tja, was soll ich sagen? Verdacht.

Ein-Kind-ist-kein-Kind

Denn, meine Lieben, ihr müsst wissen:

Das „Ein Kind ist kein Kind“ ist das neue „Du hast kein Kind, also kannst du nicht mitreden“.

„Puh, heute bin ich den ganzen Tag hinter dem Kleinen hergerannt, er hat“ zack wird man unterbrochen: „Was? Mit einem Kind ist es anstrengend? Nein, ein Kind ist kein Kind.“
„Mein Kind ist gerade krank, die Nacht war ein reiner Albt…“ „Ha, das nennst du wenig Schlaf? Nein, ein Kind ist kein Kind, meine Kinder (mit einem gerollten R damit man die Mehrzahl ja nicht verpasst) haben immer schlecht geschlafen, DAS ist anstrengend.“
Und manches Mal muss man auch gar nichts sagen, es reicht wenn ein Quetschie aus der Wickeltasche guckt: „also DAS haben meine Kinder nie bekommen. Dabei ist es so einfach frisch zu kochen, vor allem wenn man nur ein Kind hat.“

Herr Gott ja, ein Kind ist kein Kind.

Ihr habt Recht. Mit einem Kind ist alles einfacher als mit zwei oder zehn, wenn ein neues Kind kommt fragt man sich was man früher denn so mit seiner Zeit gemacht hat, man hat dann ganz andere Sorgen, alles ist viel komplizierter, anstrengender und zeitraubender. Ja, ja, ja. Alles richtig.

Und trotzdem: ich kann nicht verstehen, warum mir quasi das Recht abgesprochen wird, als Mutter von nur einem Kind irgendetwas auch nur ansatzweise anstrengend zu finden oder den Hauch einer Sorge zu haben.
Muss man sich als Mutter ständig messen? Daran, wessen Alltag der anstrengendste ist? Daran, wessen Kinder einen am meisten auf Trab halten? Daran, wer am wenigsten Zeit für sich hat? Ist es das, was eine „gute Mutter“ ausmacht? Was eine gute Mutter zu einem noch besseren Menschen macht? Ich kann es einfach nicht nachvollziehen.

Jemand der keine Kinder hat, braucht Mühe und Empathie, um sich in die Lage einer Mutter hineinversetzen zu können. Andere Mütter brauchen sich nur zu erinnern. Aber dafür haben sie offenbar keine Zeit. Zumindest nicht so viel wie ich, denn wie ihr wisst: Mein Kind ist kein Kind.