Letzte Woche fand hier in Hamburg den zweiten Carrotmob statt. Über einen Freund habe ich von der Aktion erfahren, der diese auch organisiert. Eigentlich wollte ich schon beim ersten Mal dabei sein, was leider nicht geklappt hat. Das zweite Mal wollte ich mir aber auf gar keinen Fall entgehen lassen.
Worum geht’s beim Carrotmob?
„Ein Carrotmob ist ein „Buykott“ oder Anti- Boykott also ein verabredetes Konsumieren zu einem bestimmten Zeitpunkt.
Die Organisatoren wählen vorher den Laden aus mehreren Mitbewerbern aus. Der Bewerber der sich bereit erklärt den größten Prozentsatz des Tagesumsatzes in nachhaltiges Wirtschaften zu investieren gewinnt. So könnte der Laden z.B. auf Ökostrom umsteigen, Energiesparlampen und Ökopapier nutzen, eine konsequente Abfallentsorgung einführt, Fairtrade Kaffee verkauft, eine Solaranlage baut oder ein Teil des Sortimentes auf Bio umstellt“
Eine gute Sache also.
Zur meiner Schande muss ich gestehen, dass ich nicht allzu regelmäßig auf die Nachhaltigkeit der von mir gekauften Produkte achte. Ebensowenig kümmert es mich, ob meine Bananen hier in Deutschland oder auf dem Mars gewachsen sind. Mein schlechtes Gewissen hält sich in Grenzen, wenn ich lange dusche oder die Heizung in einem Raum anmache, in dem ich (noch) nicht bin.
Aber ich freue mich darüber, wenn genau solche Aktionen mich als „Ottonormalverbraucher“ ansprechen und motivieren, etwas für die gute Sache zu tun, auch wenn das vielleicht nicht gerade in die Geschichtsbücher reingeht. Natürlich ist es mir klar, dass ich dadurch weder die Welt rette noch von mir behaupten kann, ein Umweltschützer zu sein.
Um so mehr ärgert es mich, die Kommentare zu diesem Video bei Youtube zu lesen. Ich frage mich, ob sie völlig weltfremd sind und in ihrer eigenen Phantasie gefangen; sich durch das Tragen von selbstgestrickten Pullis und das Fehlen der Deos für bessere Menschen halten.
Oder ob das Leute sind, die einfach nur immer und grundsätzlich der Meinung sind, sie müssten erstmal anderer Meinung sein.
Die Produkte sind bei Edeka eh überteuert
Ja, das empfinde ich auch so. Die Milch ist teurer als bei Aldi und das Brot teurer als bei Penny. Auf die Bauer-Milch-Diskussion will ich gar nicht eingehen, den Bauern geht es sicher nicht wesentlich besser, wenn man 10 Cent teurere Milch kauft. Aber es gibt nun mal zig Leute, die täglich ihren Einkauf dort oder in einem ebenso teuren Supermarkt erledigen. Warum nicht also davon etwas an die Umwelt spenden? Ich glaube (leider) kaum, dass Leute, die eh auf die Umwelt pfeifen, sich ans andere Ende der Stadt machen würden, um dort einzukaufen. Aber wenn die Bewohner der Gegend davon erfahren und Freunden aus der Nähe davon erzählen oder diese gar mitbringen, und sie sonst eh in dem Edeka 200m nebenan einkaufen würden – warum nicht?
Somit finde ich auch die Kritik, man würde völlig umweltverschmutzend mit dem Auto zum einkaufen fahren, völlig schwachsinnig. Ja, ich bin mit dem Auto da gewesen. Zwei Leute sind mit mir mitgefahren. Ich habe im Fotoladen nebenan zwei Filme abgegeben, eine Freundin bei ihrer Arbeit um die Ecke besucht, einen Termin beim Friseur gemacht und drei Leute mitgeschleppt, die entweder zu Fuß oder mit dem Fahrrad da waren. Bin ich jetzt ein besserer oder schlechterer Mensch? Ich kann mich kaum entscheiden.
Natürlich hätte Edeka auch so das Geld gehabt, Energiesparlampen oder eine Tiefkühltruhe mit einem geringeren Energieverbrauch zu kaufen. Aber hat dieser Markt das getan? Nein. Hätte er das in der Zukunft gemacht? Fraglich. Aber nun tut er das, wenn auch eine vermeintlich kleine Summe (da er sicher in der Lage wäre, noch mehr zu investieren).
Warum werden nicht kleinere, eh umweltbewusste Unternehmen, die vielleicht kaum von der Gesellschaft wahrgenommen werden, unterstützt?
Gute Frage! Vielleicht weil sie nicht willens oder nicht in der Lage waren, einen so hohen Anteil zu investieren? Weil in einem solchen Rahmen die Ansprache einer breiteren Masse sinnvoller ist? Weil ich vielleicht nicht hingehen würde, wenn der Laden ein Spezialist für Dinkelvariationen und Steinpilzsäfte wäre? Ich weiß es nicht.
Jedenfalls – eins weiß ich: mein frisch eingekauftes und mit viel Energie gekühltes Bier passt besonders gut zu den Salzstangen, aber überhaupt nicht zu dem Joghurt mit der Ecke. Und ich freue mich, daran teilgenommen zu haben und würde es jederzeit wieder tun. Im übrigen würde ich eventuell auch an die Aktionen teilnehmen, die von diesen besserwissenden und -handelden Kritiker ins Leben gerufen werden. Wenn sie es denn nur täten.

Yay!