Ein Gerücht macht die Runde: In „Findet Dory“, dem zweiten Teil des Publikumslieblings „Findet Nemo“ könnte man womöglich theoretisch vielleicht einen Hinweis auf ein lesbisches Pärchen entdecken. Ein Skandal! Setzt euch kommod hin und seht selbst:

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Achtung Spoiler: da sind zwei Frauen zu sehen. Die in einen Kinderwagen schauen. Sakrileg!
Die entsetzten Reaktionen lassen natürlich nicht lange auf sich warten.

Sorry aber das muss nicht sein

Ich habe es so satt. Obwohl ich persönlich kaum mit Inakzeptanz und Vorurteilen zu kämpfen hatte, kann ich solche Kommentare einfach nicht mehr lesen.

„Sorry aber das muss nicht sein, meine Kinder müssen nicht dazu motiviert werden“
Aha. Logik pur – Kinder werden zur Homosexualität motiviert. Ich frage mich wie viele Homosexuelle es eigentlich nicht geben dürfte, weil sie in ihrer Kindheit so viele Filme mit Heterosexuellen gesehen haben. Wie sind sie bloß homosexuell geworden? Angesteckt? DNA-Fehler?

„Ich will nicht dass meine Kinder mit sowas groß werden“
Tja, das wird natürlich schwierig. Wahrscheinlich müssen die Kinder in diesem Fall unter einem Stein groß werden, damit sie nichts von all dem mitbekommen, was draußen in der Welt passiert. Und überhaupt: was bedeutet „sowas“?

„Ich habe nichts gegen Lesben aber das geht ein bisschen zu weit“
Nein, man hat nichts gegen Lesben, solange sie ihre eigenen vier Wände nicht verlassen. Solange man seinen eigenen Horizont nicht erweitern muss. Sich nicht eingestehen muss, dass die Welt aus so viel mehr besteht als nur dem Altbekannten.

„Ich akzeptiere Lesben, aber das hat in einem Kinderfilm nichts zu suchen“
Das ist für mich total verrückt. Was heißt denn hier schon akzeptieren? Niemand hat zu akzeptieren, dass jemand anderes groß, blond, dunkelhäutig, dünn, hübsch oder sonst etwas ist. Niemand hat zu akzeptieren, dass ein anderer heterosexuell ist. Weil daran einfach nichts zu akzeptieren gibt!

Warum ist dein Recht zu existieren größer als das meinige?

Ein homosexuelles Pärchen in einem Film muss nicht akzeptiert werden. Ein kinderwagenschiebendes, gleichgeschlechtliches Paar muss nicht akzeptiert werden. Eine Werbung mit einer Regenbogenfamilie muss nicht akzeptiert werden. Ich wiederhole mich gerne: weil es daran nichts zu akzeptieren gibt.
Nichts von alledem motiviert Kinder dazu, homosexuell zu werden. Nichts daran sollte von Kindern nicht gesehen werden dürfen. Ganz im Gegenteil. Das bringt Sichtbarkeit. Das Gefühl, dazu zu gehören.

Genau diese Präsenz und Teilnahme am öffentlichen Leben lässt Kinder, falls sie doch homosexuell sein sollten, nicht verzweifeln. Nicht das ewige Versteckspiel zu spielen, nichts verheimlichen zu müssen, nicht für das Recht kämpfen zu müssen akzeptiert zu werden.

Wer ein „angepasstes“, „herkömmliches“, „konservatives“ Leben voller Privilegien führt, dem fällt es natürlich schwer zu verstehen wie es ist, unsichtbar zu sein und ausgeschlossen zu werden. Weder wahr- noch ernstgenommen zu werden. Das Bedürfnis zu haben, sich rechtfertigen zu müssen, um es denen recht zu machen, die einen für abnormal halten.

„Das ist unnötig“

Vielen, insbesondere vielen Eltern, wird die Medienpräsenz des Themas Homosexualität zu viel. Denn Erziehung, das ist Sache der Eltern, Punkt. Da hat sich kein Animationsstudio einzumischen, kein Autohersteller und auch keine Deutsche Bahn. Bald kann man noch nicht mal in Ruhe mit der Familie Fußball gucken ohne mit Homosexuellen konfrontiert zu werden. Ja, wo kommen wir denn da hin? Was soll aus unseren Kindern werden?

Ich weiß nicht wie es bei euch ist, aber mein Kind soll vor allem eins werden: glücklich. Ich möchte nicht, dass der Kleine tagtäglich für seine Daseinsberechtigung kämpfen muss. Ich möchte nicht, dass er Bedenken haben muss, ob er auf der Arbeit von seinem Partner, welchen Geschlechts auch immer, erzählen muss/kann/darf oder nicht. Ich möchte, dass er händchenhaltend herumlaufen kann, ohne sich blöde Sprüche anhören zu müssen, ohne angefeindet zu werden, ohne angegriffen zu werden – leider vielerorts traurige Realität.

Ob mein Sohn homosexuell werden soll? Aber ja! Genau so wie er heterosexuell werden soll. Ganz wie er möchte! Empathie und Selbstbewusstsein, Ehrlichkeit, Stolz und Lebensmut – alles Eigenschaften, die so unendlich wichtiger sind als seine Sexualität.

Ich möchte, dass er weiß, dass eine „normale“ Beziehung nicht zwangsläufig eine Verbindung zwischen einer Frau und einem Mann bedingt, sondern vielmehr Liebe, Ehrlichkeit und gegenseitigen Respekt.

Ich möchte in einer Gesellschaft leben, die sich nicht gezwungen sieht Kinder erklären zu müssen warum in einem Film ein Frauenpaar zu sehen ist. Sondern sich alle Mühe gibt den Kleinen zu erklären, warum die Fische in dem Film sprechen können.