Die Tage werden kürzer, die Temperaturen fallen, die Sonne lässt sich immer seltener blicken: der Herbst kündigt sich an. In ein paar Tagen ist es soweit und ich hatte schon eine ziemlich genaue Vorstellung von der neuen Jahreszeit: Hier ein bisschen basteln, dort ein bisschen durchs Laub hüpfen, hier ein bisschen was mit Kürbis kochen, dort ein bisschen länger im Bett bleiben. Den Großen entspannt zur Kita bringen, den Kleinen beim Stillen kuscheln. Hach, was habe ich es mir gemütlich ausgemalt.
Doch für uns fängt der Herbst ein bisschen früher an. Genauer gesagt: für uns fängt ein neuer Lebensabschnitt an. Und zwar heute.
Just in diesem Moment ist meine Frau auf der Arbeit – das erste Mal seit der Elternzeit, die gestern zu Ende gegangen ist. Und just in diesem Moment geht dieser Beitrag automatisch online. Während ich womöglich am Rande des Wahnsinns stehe, mit einem Kind auf dem Arm, einem anderen auf dem Schoss und dem Hund vor den Füssen. Ich hatte es gestern schon ein bisschen durchscheinen lassen – ab heute bin ich mit beiden Kindern alleine zu Hause. Und verdammt, ich habe einen riesigen Respekt davor.
Seit der Diagnose dass wir ein Frühchen bekommen, steht unsere Welt Kopf.
Ein Schicksalsschlag, der unser Leben wie ein Beben erschüttert hat: nichts ist mehr wie es mal war. Und so kommt es, dass wir keine Kompromisse eingehen.
Die vielen Entscheidungen, die wir seitdem treffen müssen, treffen wir ganz bewusst so, dass sie uns als Familie noch enger zusammenschweißen. Die Elternzeit: so lange wie möglich. Die medizinische Versorgung des Kleinen: kein Weg ist uns zu weit. Die Betreuung des Großen: das können wir selber.
Mit der Entscheidung, ihn mitten im Jahr in einer neuen Kita anzumelden und die Übergangszeit zu Hause zu verbringen, beginnt für uns alle ein ganz besonderer Abschnitt. Meine Kollegin Sarah hätte es nicht treffender schreiben können: die Zeit, die wir mit unseren Kindern haben, ist endlich. Und die möchte ich uns so schön wie nur möglich machen.
Zusammen mit dem Großen habe ich all das aufgeschrieben, was wir in der nächsten Zeit gemeinsam erleben möchten. In Pfützen springen. Stöcke sammeln. Einen Drachen steigen lassen. Heißen Kakao trinken. Stockbrot backen. Jeden Tag. Neuzig mal.
Neuzig Mal Zeit für Kindheit – kleingeschnitten, zusammengerollt und in einem Glas gesammelt.
Habe ich Angst vor der kommenden Zeit? Ja, keine Frage. Ich stelle mir vor, wie ich den Kleinen stille und der Große in der Zeit auf einen Stuhl klettert um an den Haustürschlüssel zu kommen und zusammen mit Emmy zu türmen. Oder ich Emmy im Garten vergesse wenn ich, wie immer zu spät und hektisch, noch auf den letzten Drücker versuche einen Termin wahrzunehmen. Oder oder oder – was solche Szenarien angeht bin ich ziemlich kreativ.
Doch selbst bei der größten Unsicherheit, eines weiß ich ganz genau: unser Herbst wird unvergesslich.
Wir werden wachsen. Über uns hinaus. Enger zusammen. Als Familie. Ohne Kompromisse.