Mein lieber März, für dich fehlen mir die Worte. Ich lasse die vergangenen Wochen Revue passieren und bleibe sprachlos zurück: die Ängste, die Sorgen, die Verunsicherungen und das Chaos wollen partout nicht zu Papier gebracht werden. Ich ringe nach der richtigen Formulierung, doch wie soll man seine Gefühle beschreiben, wenn einem das Herz zugeschnürt wird?
Ich gestehe, so schwer ist mir bisher ein Regenbogenleben Update noch nie gefallen. Lange habe ich mit mir gehadert, ob ich es diesmal veröffentliche oder nicht. Doch besonders in schwierigen Zeiten wie diesen halte ich es für unabdingbar, das Gute nicht ganz aus den Augen zu verlieren. Auch wenn man länger danach suchen muss. Auch wenn es sich manchmal ziemlich gut versteckt.

Nach dem Krankenhausaufenthalt des Kleinen ist mir ein großer Stein vom Herzen gefallen. Wir haben im Hintergrund viel organisiert, gemacht und getan, damit alles funktioniert und läuft: Der Große, der Job, der Hund, ihr kennt es. Neben der Dankbarkeit, ein gesundes Kind nach Hause bringen zu dürfen bin ich auch froh darüber gewesen, endlich zur Ruhe zu kommen und wieder in den Alltag zu finden. Doch weit gefehlt: der März fängt mit einer schlimmen Trommelfellentzündung an.

In den ersten sieben Tagen greifen wir tief in die Spaßkiste: malen, lesen, backen, Küchenschrank ein- und ausräumen lassen, basteln, Zimmer umdekorieren. Die Kinder haben eine tolle Zeit und ich versuche, mich neu zu sortieren und meine Sorgen wegen der immer näher kommenden Corona Krise klein zu halten. Zu dem Zeitpunkt wird die Situation in Italien und Frankreich immer brenzliger und das Unfassbare nahm realere Formen an.
Ich verfolge die Nachrichten im Minutentakt und kann es einfach nicht fassen. Und während sie immer bedrohlicher, immer lauter werden, wird es um mich herum plötzlich still.

In meinem Kopf, dem Ort, in dem es sonst laut, bunt und kreativ zugeht ist… Nichts. Gar nichts. Kein Gedanke, kein Geräusch, keine Ideen, kein gar nichts. Stille pur. In der zweiten Märzwoche geht es dem Großen zwar wieder besser, aber der Gedanke daran, was auf uns alle zukommen mag… Legt sich wie eine Decke über meine Gefühle, lähmt sie, lässt ihnen keinen Raum zum atmen. Schon bevor die Ausgangsbeschränkung offiziell wird, entscheiden wir uns ihn nicht mehr in die Kita zu bringen – besonders um den Kleinen zu schützen, der auf jede noch so kleine Erkältung mit einer schweren Bronchitis reagiert.

Die Situation ist surreal und wir sind extrem verunsichert. Übertreiben wir vielleicht? Geht der Kelch an Deutschland vorüber? Sind die Einschränkungen, die wir durch unsere voreilige Entscheidung in Kauf nehmen müssen, nicht doch viel größer als das Risiko, daran zu erkranken? Können wir es wirklich verantworten, auf die Therapien für den Kleinen zu verzichten? Wie können wir es dem Großen erklären? Was bedeutet es für unseren Alltag, für unsere Berufe?

In der Zwischenzeit funktioniere ich, schneide den Kindern die Haare, verbringe einen Tag mit ihnen im Schlafanzug, gärtnere mit dem Großen und übe alles Mögliche mit dem Kleinen: Alles aus unserer tollen Bucket List für Kinder, etwas, was wir vor Jahren eingeführt haben und über das ich gerade jetzt mehr als dankbar bin. Falls es euch interessiert: hier sind sie, die 90 Beschäftigungsideen für Kinder – alles einfache, schnell machbare Bastelideen und Spielideen, die man aufschreibt, ausschneidet und in ein Glas gibt. Bei Bedarf wird ein Zettel gezogen und die Kinder freuen sich mega – tolle Beispiele davon findet ihr unter #FamilienlebenimGlas auf Instagram. Für mich ist es dabei besonders wichtig, dass man sich nicht zusätzlich zu allen Herausforderungen auch noch stresst – deswegen keine ewig lange Bastelanleitung, keine komplizierten Geschichten. Versprochen ?

Wenn der Ausnahmezustand zur Normalität wird
Und dann ist es soweit: Die Ausgangsbeschränkung wird beschlossen. Ich muss gestehen, reflexartig geht mir ein Gedanke durch den Kopf: Erleichterung.
Ich bin erleichtert, dass meine Entscheidung einfach nur etwas verfrüht war – aber nicht unbedingt falsch. Ich bin erleichtert, mich nicht mehr vor Freunden für sie erklären oder rechtfertigen zu müssen. Und ja, ich bin erleichtert, dass so viele Menschen in dieser Not so viele tolle Ideen entwickeln, um sich gegenseitig zu unterstützen.
Ich brauche euch wahrscheinlich nicht zu erzählen, dass diese Erleichterung von ziemlich kurzer Dauer ist – denn noch habe ich nicht den Hauch einer Ahnung, was diese offizielle Entscheidung für unser Leben bedeuten wird. Und wie es für uns sein wird, wenn der Ausnahmezustand zur Normalität wird.

Das fängt erst allmählich an, sich abzuzeichnen. Die beiden letzten Wochen gaben uns einen Vorgeschmack darauf, wie die Folgen konkret aussehen können. Und an dieser Stelle möchte ich den Rückblick in dieser Form abbrechen, denn nur so kann ich versuchen, auch in solch krassen Zeiten den Blick auf das Wesentliche zu richten – auf das, was uns glücklich macht.

Es macht uns glücklich, dass wir einen geliebten Menschen auf seiner letzten Reise begleiten dürfen. Es macht uns glücklich, dass sich unsere Gefühle an keine Besuchsverbote halten und dass unsere Familie selbst in tiefer Trauer so stark verbunden ist, dass der Abschied sich so anfühlt, als wären wir, Schwieger- und Enkelkinder, selbst vor Ort gewesen.

Es macht uns glücklich, dass selbst wenn unsere Kräfte zu schwinden scheinen, wir die letzten Reserven nochmal mobilisieren können. Um inne zu halten, um uns Halt zu geben, um uns Mut zuzusprechen.
Genau das wünsche ich euch von Herzen – etwas, was euch auch in den schwierigsten Zeiten glücklich macht, geliebte Menschen, auf die ihr bedingungslos zählen könnt, viel Gelassenheit um die innere Unruhe im Zaun zu halten und noch mehr Gesundheit. Passt auf euch auf und haltet durch!