Das Leben ist bunt! Ein neues Interview mit Regenbogenfamilien ist online und bereit, von euch gelesen & geherzt zu werden ❤
Katja und Viviane aus dem Lipperland geben uns heute einen Einblick in ihr Leben unter dem Regenbogen! Vielen lieben Dank für eure offenen Worte und euch allen viel Spaß beim Lesen.

Interview mit einer Regenbogenfamilie

Wir sind Nicki und Julia und seit 20 Jahren ein Paar. Seit 2011 leben wir in einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft, die wir im vergangenen Dezember im Beisein unserer Zwillinge in eine Ehe haben umschreiben lassen. Sie waren zu diesem Zeitpunkt sechs und fühlten sich verdammt wichtig als unsere inoffiziellen Trauzeugen.

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Gemeinsam Kinder zu bekommen – wann und wie ist diese Entscheidung bei euch gefallen?

Als wir zusammen kamen, waren wir 21 und 24 und noch weit davon entfernt konkrete Pläne zu haben, aber besonders bei Julia war der Kinderwunsch schon immer sehr groß. Richtig los ging die Planung 2010, als wir viel darüber sprachen, wie wir diesen Wunsch umsetzen könnten, da waren wir schon zehn Jahre lang ein Paar.

Wie gingen Freunde und Familie damit um, als ihr ihnen von eurem Kinderwunsch erzählt habt?

Alle die eingeweiht wurden (und das waren die allermeisten in unserem Leben) haben total positiv reagiert und waren sehr neugierig. Wir haben sehr lange versucht diese Neugier zu bedienen und haben ganz viele in unsere Überlegungen mit einbezogen. Dadurch sind großartige, sehr offene Gespräche entstanden, in denen nicht nur wir uns sehr öffneten.

Was für Gedanken und Sorgen habt ihr zu der Zeit gehabt?

Durch unsere große Offenheit und das Einbeziehen unserer Freunde in alle möglichen Überlegungen, gab es auch immer wieder „aber habt ihr schon bedacht, dass…“-Kommentare. Am Anfang war das hilfreich, aber irgendwann fühlte sich das nur noch destruktiv an. Der perfekte Weg wäre auch für uns gewesen ganz und gar miteinander Kinder zu bekommen, aber irgendeinen Kompromiss mussten wir nun mal eingehen. Irgendwann war klar, dass letztendlich nur wir beide diese Entscheidung zusammen treffen können. Das haben wir dann auch getan und bei anderen erst wieder mit dem Thema angefangen als wir verkünden konnten, dass wir Eltern werden.

Wie ist euer Kinderwunsch in Erfüllung gegangen?

Ursprünglich war unser Wunschweg mal, mit Hilfe eines schwulen Freundes eine Familie zu gründen. Nachdem daraus aber nach langer Überlegung nichts wurde, waren wir bereit für eine anonyme Samenspende (eines Ja-Spenders, die Kinder können ihn also mit 18 Jahren kennenlernen). Als wir dann recherchiert hatten, dass wir diese Spende auch ganz ohne Hilfe einer Kinderwunschpraxis oder -klinik bekommen konnten, haben wir es einfach gewagt. Unser Mut wurde belohnt und 2013 haben wir Zwillinge bekommen. 

Habt ihr eure Kinder über eure Familienkonstellation aufgeklärt?

Ja, wir haben von Anfang an sehr offen mit ihnen darüber gesprochen. Julia hat zu Beginn unseres Elternseins an einem Seminar teilgenommen, es hieß  „Aufklärung von Kindern, die mit Hilfe einer Samenspende gezeugt wurden“. Und wir haben sehr früh begonnen ihnen von der Entstehungsgeschichte unserer Familie zu erzählen, auch mit Hilfe eines Bilderbuchs. Zusätzlich hat geholfen, dass es in unserem Freundeskreis, fast alle erdenklichen Familienkonstellationen gibt und wir dadurch immer wunderbar erklären konnten. Das hat zur Folge, dass die beiden – auch dank eines wunderbaren Umfelds, indem wir leben – bisher sehr unbeschwert mit dem Thema umgehen. Es ist für sie so gewöhnlich, dass lange nicht mal die Bedeutung des Begriffs „Regenbogenfamilie“ klar war. Das merkten wir aber erst, als sie dachten wir wären eine, weil wir zusammen bei fridays for future demonstrierten.. Wir haben das jetzt geklärt!

Wie lange hat die Stiefkindadoption bei euch gedauert?

Von der Beantragung bis zur Übersendung der Urkunde sind acht Monate vergangen. Das war zwar vergleichsweise zügig, für uns aber trotzdem emotional sehr anstrengend, weil es so viele Phasen gab, in denen scheinbar nichts passierte und wir einfach nur auf eine Reaktion oder einen Termin gewartet haben.

Wie habt ihr den Umgang mit den Behörden empfunden?

Wir hatten über die Homepage des LSVD eine tolle Notarin gefunden, bei der wir uns sehr wohl fühlten. Das Organisieren der notwendigen Unterlagen empfanden wir als ziemlich demütigend, obwohl das in Frankfurt noch vergleichsweise harmlos abläuft, also ohne selbstverfasstes Schreiben der annehmenden Mutter oder ähnlichem. Bei dem Besuch der Dame vom Jugendamt und unserem Termin beim zuständigen Richter, wurde uns von allen signalisiert, dass rein gar nichts gegen die Adoption spräche. Das tat natürlich gut, aber es fühlt sich trotzdem absurd an, wenn du bei der Planung, Zeugung, Schwangerschaft und Geburt maßgeblich beteiligt bist und dann deine eigenen Kinder adoptieren musst.

Spielt Religion für euch eine Rolle? 

Nicki ist katholisch getauft und vor zehn Jahren ausgetreten, weil sie sich nicht als Teil einer Gemeinschaft gefühlt hat. Julia ist evangelisch getauft und gehört seit elf Jahren zu einer Gemeinde, in der regelmäßig Regenbogengottesdienste stattfinden. Hier wurden wir kirchlich getraut, die Kinder wurden getauft und haben den wirklich tollen Kindergarten der Gemeinde besucht. In dieser Gemeinde, die jedem ein Gefühl von Dazugehörigkeit vermittelt, wird Nächstenliebe wirklich so gelebt, wie man es sich nur wünschen kann.

Habt ihr Tipps für andere Regenbogenfamilien, die am Anfang der Familienplanung stehen?

Wir haben uns über unseren Kinderwunsch sehr offen mit unserem Umfeld ausgetauscht und das lange als hilfreich empfunden, aber letztendlich muss jedes Paar alle Entscheidungen für sich entscheiden und sollte sich nicht zu sehr beeinflussen lassen. Positive Beispiele anderer Regenbogenfamilien sind auf jeden Fall immer hilfreich, um Mut zu machen. Da wir das Gefühl hatten, die ersten zu sein, die genau diesen Weg gegangen sind, sind wir auch grundsätzlich offen für Fragen.

Was wünscht ihr euch für eure Zukunft als Regenbogenfamilie?

Wir wohnen in einer super toleranten und respektvollen Großstadt-Blase. Dadurch haben wir uns als Regenbogenfamilie in den vergangenen sieben Jahren noch nie abgelehnt gefühlt. Ob bei Ärzten, im Kindergarten oder auf dem Spielplatz, wir fühlen uns immer vollständig akzeptiert. Auch seit der Einschulung unserer Kinder im vergangenen Jahr, hat sich das nicht geändert. Unsere Kinder haben noch nie das Gefühl vermittelt bekommen, dass irgendwas nicht okay sein könnte mit unserer Familie. Dass sich das niemals ändert, wünschen wir uns jetzt einfach mal.

Vielen Dank für dieses Interview! Wer mehr über Nicki & Julia erfahren möchte, kann sie gerne auf kannmamamachen oder auf Instagram besuchen.

Alle Interviews mit Regenbogenfamilien findet ihr hier

Wollt ihr auch mitmachen?

Ich freue mich immer über neue Familien (auch solche in spe), die mitmachen möchten. Und ein offenes Ohr für eure Fragen habe ich auch noch – falls ihr schon immer etwas über das Thema wissen wolltet, her damit!

Hier könnt ihr mich kontaktieren – ich freue mich von euch zu hören.